1945

Lager Wildflecken, ca 1940Nachdem Aufklärungsflugzeuge Wochen und Monate vorher vergeblich das Lager Wildflecken gesucht haben (gut getarnt durch hohen dichten alten Baumbestand) - Flugzettel mit der Aufschrift "Wildflecken im letzten Loch, wir finden dich doch" - abgeworfen wurden, zogen am 7. April 1945 amerikanische Truppen mit Ketten- und Radfahrzeugen in den Ort Wildflecken ein. Nachdem ein Wildfleckener in die Hände der Amerikaner fiel, erhielt dieser den Auftrag in den Ort zu fahren und die Nachricht zu überbringen, dass der Bürgermeister ein weiße Fahne hissen soll, damit der Beschuß eingestellt wird. Dies geschah dann auch. Bürgermeister Götz fuhr mit den US-Einheiten durch den Ort und befahl allen Anwohnern ebenso die weiße Fahne zu hissen. Durch den Beschuß entstand Sachschaden. Das Bürgermeisteramt mußte schleunigst geräumt werden. Amerikanische Soldaten warfen Akten und andere Schriftstücke auf die Straße, so die Aussage von verschiedenen Zeitzeugen.

US Soldaten, ca. 1949US-Einheiten zerstörten und bauten die militärischen Anlagen auf dem Truppenübungsplatz ab. Übungen fanden bis auf weiteres keine mehr statt. Die noch erhaltenen Ortschaften Reußendorf und Werberg, sowie Dalherda wurden von Vertriebenen aus deutschen Ostgebieten wieder besiedelt; ebenso die Häuser am Arnsberg und Haus Franken. Manche Familien und deren Nachkommen leben heute noch in unserer Gegend.

 

Während des zweiten Weltkrieges befanden sich polnische, belgische, französische und russische Kriegsgefangene, die aus verschiedenen Mannschaftsstammlagern (STALAG) kamen, auf dem Truppenübungsplatz. Das Lager der russischen Gefangenen befand sich an der Stelle des ehemaligen Munitionsdepots (ASP3) der US Amerikaner. Nachdem die Amerikaner Wildflecken (7.4.1945) besetzt hatten, kehrten inhaftierte Belgier und Franzosen in ihre Heimat zurück. Russen und Polen mußten noch Monate ausharren.

Eisenbahngeschütz im Bahnhof Wildflecken, 1945Ca. 20000 Russen, ehemalige Gefangene, Fremdarbeiter und Verschleppte wurden in das Lager gebracht. Bruno Kleinheinz aus Wildflecken war kommissarischer Bürgermeister. Während dieser Zeit gab es unzählige Raubüberfälle sowie Diebstähle in Wildflecken und den angrenzenden Ortschaften. Aber auch die einheimische Bevölkerung beteiligte sich an den Plünderungen aus dem Hauptlager sowie Heeresverpflegungsamt. In dieser Zeit wurde auch ein Zug mit ca. 450 Tonnen Lebensmitteln geplündert.

778th Tank Battalion 1945Das Lager wurde mit ca. 17000 Polen belegt. In der Munitionsanstalt lagen amerikanische Kompanien des 778th Tank Bataillon . Die Diebstähle hielten unvermindert an; eine Ortswache wurde gegründet. Dieser Zustand sollte bis zur Währungsreform im Juni 1948 andauern. Ein Hauptgrund hierfür waren die schlimmen Verhältnisse innerhalb des Lagers sowie im gesamten Landkreis Brückenau (keine oder kaum Arbeit, unbeschreibliche Armut, Schwarzhandel,.....)

 

Holfällung im Lager Wildflecken, ca. 1947Der Mangel an Feuerholz veranlaßte die Lagerinsassen, die Bäume, die das Truppenlager so getarnt hatten, zu fällen. Riesige Kahlschläge entstanden auch in den angrenzenden Wäldern. Aber selbst in den Dachstühlen der großen Unterkunftsgebäude wurden Sparren und Bretter als Heizmaterial herausgeschnitten. Tag und Nacht rauchten die Schlote in den vielen Gebäuden. Eine Unmenge Holz wurde gebraucht, um die Lagerinsassen satt zu machen (ca. 150 Tonnen Brot wurden täglich gebacken).

 

 

 

 

 

Quellen:
Gerwin Kellermann "475 Jahre Wildflecken 1524 - 1999" (Auf diesem Weg ein herzliches Dankeschön für die spontane Genehmigung vom 21.04.2001) sowie diverse andere Schriftstücke aus Privatbesitz. Zahllose Gespräche und Erzählungen von älteren Dorfbewohnern sowie ehemaligen Beschäftigten der US-Armee der "ersten Stunde" (ab März 1951).

Zusammengestellt: Walter Kömpel, Oberbach, Deutschland Wkoempel@t-online.de
Fotos: Janie Micchelli, Newtown, PA, USA und Archiv Leitsch, Modlos, Deutschland

 

 

<< previous page / vorherige Seite next page / nächste Seite >>

 

 


top of page/
nach oben